Dissertationsschrift von Christian Rollinger zu Freundschaft und sozialen Netzwerken in der Späten Republik.
Römische Vorstellungen von Freundschaft sind sowohl in der Antike als auch in der modernen Wissenschaft viel diskutiert worden, wobei in der Forschung der letzten Jahrzehnte vor allem nach der Bedeutung und Funktion aristokratischer amicitiae für das Funktionieren der republikanischen Politik gefragt wurde. Die vorliegende Studie setzt in diesem gut bearbeiteten Feld neue Schwerpunkte und verfolgt andere Fragestellungen: Nach welchen Regeln und Maßstäben wurden Freundschaften in der Oberschicht geschlossen und gepflegt? Welche Erwartungshorizonte waren mit diesen persönlichen Beziehungen verbunden?
Spätrepublikanische Nahbeziehungen waren konstitutiver Bestandteil eines die gesamte Oberschicht umfassenden Netzwerkes, dessen Mitglieder einander durch Freundschaft und die sich daraus ergebenden Handlungshorizonte und Beziehungsgeflechte verpflichtet waren. Innerhalb dieses Netzwerkes wurden Hierarchien und Positionen bestimmt, wurde Ressourcenverteilung sowohl im ökonomischen als auch im gesellschaftlichen Sinn (soziales Kapital) verhandelt und durchgeführt. Schließlich konnte der kluge politische Kopf versuchen, diese persönlichen Netzwerke auch im privaten Leben zu instrumentalisieren.
Dieses Oberschichtennetzwerk wird hier erstmals nicht nur metaphorisch beschrieben sondern durch die in anderen historischen Fachrichtungen bereits etablierte Methode der Analyse sozialer Netzwerke empirisch nachgewiesen und analysiert.
Christian Rollinger ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungscluster „Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke“ an den Universitäten Trier und Mainz, wo er mit der vorliegenden Arbeit promoviert wurde. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben der Sozial- und Kulturgeschichte der Späten Republik insbesondere die frühe hellenistische Welt und das antike Zeremonialwesen.