Öffentlicher Vortrag von Iulia-Karin Patrut im Rahmen einer Tagung der Gesellschaft für Antiziganismusforschung e.V.
Die Darstellung von ‚Zigeunern‘ hat seit dem 17. Jahrhundert konstitutive Bedeutung für deutsche Selbstentwürfe. ‚Zigeuner‘ fungieren als Gründungs-, Zukunfts- und Kunst-Figuren, sie legen in der deutschsprachigen Literatur oftmals das Phantasma der Homogenität offen, indem sie zugleich identisch, radikal different und beobachtendes Drittes sind. Brisant wird diese Position im Zuge der Arbeit an der deutschen Nation. Von 1770 bis 1920 wird dem Spannungsverhältnis zwischen literarischen Texten von J. G. Herder und J. W. Goethe bis zu F. Kafka und publizistischen, wissenschaftlichen sowie polizeilichen Schriften nachgegangen, wobei Interferenzen mit der Darstellung der Juden ebenso berücksichtigt werden wie das Exklusionsregime, dem die als ‚Zigeuner‘ Bezeichneten de facto unterlagen.