III.07: Netzwerke in der privaten Entwicklungshilfe

Pro­jekt­be­schrei­bung

Pro­jekt­lei­te­rin: Dr. Ga­brie­le Lin­gel­bach, Trier 
Wiss. Mit­ar­bei­te­rin: An­nett Heinl

Das Pro­jekt be­schäf­tigt sich mit der In­sti­tu­tio­na­li­sie­rung kirch­li­cher Ent­wick­lungs­hil­fe an­hand der Bei­spie­le Brot für die Welt auf evan­ge­li­scher und Mi­se­reor auf ka­tho­li­scher Seite. Der Un­ter­su­chungs­zeit­raum um­fasst die Grün­dungs­jah­re 1958/1959 bis hin zur Um­set­zung der Leit­li­ni­en für die zwei­te Ent­wick­lungs­de­ka­de 1973.​Die Dar­stel­lung des In­sti­tu­tio­na­li­sie­rungs­pro­zes­ses der bei­den wich­tigs­ten kirch­li­chen Ent­wick­lungs­hil­fe­or­ga­ni­sa­tio­nen bie­tet zum einen die not­wen­di­ge ge­schichts­wis­sen­schaft­li­che Grund­la­gen­for­schung im Be­reich der Ge­schich­te der Ent­wick­lungs­po­li­tik der Bun­des­re­pu­blik. Sie schließt eine noch be­ste­hen­de For­schungs­lü­cke, da der­zeit le­dig­lich um­fang­rei­che Un­ter­su­chun­gen zu den staat­li­chen ent­wick­lungs­po­li­ti­schen In­itia­ti­ven vor­han­den sind. Zum an­de­ren er­laubt der Ver­gleich die Her­aus­ar­bei­tung von Par­al­le­len und Un­ter­schie­den zwi­schen den bei­den kon­fes­sio­nel­len Rich­tun­gen in der Aus­ein­an­der­set­zung mit die­ser Pro­ble­ma­tik und leis­tet somit einen Bei­trag zur Er­for­schung der kirch­li­chen Zeitgeschichte.​Auf me­tho­di­scher Ebene bie­tet die Ar­beit eine in­no­va­ti­ve Kom­bi­na­ti­on von Netz­werk­un­ter­su­chung und In­sti­tu­tio­nen­ge­schich­te: Mit der zu­neh­men­den Ver­wen­dung von netz­werkana­ly­ti­schen For­schungs­me­tho­den ist in­zwi­schen die Be­reit­schaft ge­wach­sen, netz­werkana­ly­ti­sche An­sät­ze mit an­de­ren Theo­rie­an­sät­zen zu ver­bin­den, kom­ple­xe­re Er­klä­rungs­mo­del­le zu ent­wer­fen, in denen auch nicht-re­la­tio­na­le Ei­gen­schaf­ten und ins­be­son­de­re kul­tu­rel­le, ko­gni­ti­ve und nor­ma­ti­ve Er­klä­rungs­grö­ßen ver­wen­det wer­den. In dem vor­lie­gen­den Pro­jekt spie­len in den An­fangs­jah­ren des In­sti­tu­tio­na­li­sie­rungs­pro­zes­ses der ent­wick­lungs­po­li­ti­schen In­itia­ti­ven in­for­mel­le Netz­wer­ke eine be­deu­ten­de Rolle.​Nur mit der Ver­bin­dung der Netz­werk­un­ter­su­chung mit der In­sti­tu­tio­nen­ge­schich­te kann daher die Dy­na­mik in der Ent­wick­lung der kirch­li­chen Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen und das Funk­tio­nie­ren der Ent­wick­lungs­hil­fe­struk­tu­ren in den ers­ten Jah­ren seit ihren Grün­dun­gen ana­ly­siert wer­den.

Ar­beits­stand

Die sys­te­ma­ti­schen Ar­chiv­re­cher­chen zu Brot für die Welt im Dia­ko­ni­schen Ar­chiv und Mi­se­reor im Mi­se­reor- Ar­chiv, Aa­chen sowie im Ar­chiv des Aus­wär­ti­gen Amts sind be­en­det. Die Da­ten­ban­ker­he­bung für die Akten von Brot für die Welt und Mi­se­reor ist eben­falls ab­ge­schlos­sen. Neben der Teil­nah­me und Vor­trä­gen an Ta­gun­gen und Ar­beits­se­mi­na­ren wurde das Pro­jekt in­ner­halb des Work­shops „Netz­werkana­ly­se“ von Dr. Micha­el Schnegg, einem füh­ren­den Netz­werk­ex­per­ten, eva­lu­iert. Im Mai 2007 stell­te An­nett Heinl das Pro­jekt auf dem Kol­lo­qui­um für Zeit­ge­schich­te der Uni­ver­si­tä­ten Frei­burg, Tü­bin­gen, Mün­chen und Trier vor. Im Ok­to­ber 2007 prä­sen­tier­te die Pro­jekt­mit­ar­bei­te­rin das For­schungs­vor­ha­ben bei der Jah­res­ta­gung der Ger­man Stu­dies As­so­cia­ti­on in San Diego.​Außer­dem ent­stand in Zu­sam­men­ar­beit mit der Pro­jekt­lei­te­rin, Dr. Ga­brie­le Lin­gel­bach, ein Bei­trag für den Sam­mel­band: „Stif­ter, Spen­der und Mä­ze­ne: USA und Deutsch­land im his­to­ri­schen Ver­gleich“, der 2009 er­schei­nen soll.​Des Wei­te­ren wurde das Pro­jekt auf Ein­la­dung von Prof. Dr. Jo­han­nes Paul­mann (Uni­ver­si­tät Mann­heim) im Zuge der Ta­gung „Hilfe für die Welt – Ge­sell­schaft­li­ches En­ga­ge­ment in der deut­schen Ent­wick­lungs­hil­fe seit den fünf­zi­ger Jah­ren“ im April 2008 vor­ge­stellt und die bis dahin er­ziel­ten Er­geb­nis­se prä­sen­tiert und diskutiert.​Die Aus­wer­tun­gen zu Brot für die Welt be­stä­ti­gen die Hy­po­the­se, dass im Zuge des In­sti­tu­tio­na­li­sie­rungs­pro­zes­ses der Or­ga­ni­sa­ti­on die Be­deu­tung der „alten“, auf Mis­si­ons­struk­tu­ren be­ru­hen­den, Netz­wer­ke in den Hin­ter­grund trat und neue Ver­bin­dun­gen, ins­be­son­de­re durch den Auf­bau der jun­gen Kir­chen vor Ort, ent­stan­den. In­ner­halb des be­schrie­be­nen Pro­zes­ses bil­de­ten sich sta­bi­le Struk­tu­ren für die Ver­tei­lung der Spen­den­ein­nah­men und der Rea­li­sie­rung und des Ab­laufs der Pro­jek­te in den un­ter­such­ten Hilfs­ak­tio­nen aus, die die zen­tra­le Be­deu­tung der in­for­mel­len Netz­werk­be­zie­hun­gen re­du­zier­ten. Wurde in den An­fangs­jah­ren die Ab­wick­lung der Pro­jekt­ar­beit noch we­sent­lich von zen­tra­len Ak­teu­ren in den ein­zel­nen Re­gio­nen be­stimmt, än­der­te sich dies im Zuge der In­sti­tu­tio­na­li­sie­rung. Die Ent­schei­dungs­be­fug­nis und der Ein­fluss zen­tra­ler Per­so­nen trat in den Hin­ter­grund bzw. ver­schob sich auf über­re­gio­nal agie­ren­de In­sti­tu­tio­nen, wie dem World Coun­cil of Church­es oder der Lu­ther­an World Fe­de­ra­ti­on. Bei Mi­se­reor hin­ge­gen blie­ben die alten Struk­tu­ren im ge­sam­ten Un­ter­su­chungs­zeit­raum er­hal­ten. Die Mis­si­ons­sta­tio­nen er­hiel­ten wei­ter­hin einen gro­ßen An­teil der fi­nan­zi­el­len Un­ter­stüt­zung. Al­ler­dings er­folg­te eine Um­be­set­zung der An­sprech­part­ner vor Ort. Auf­grund der ver­än­der­ten po­li­ti­schen und ge­sell­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen nach der De­ko­lo­ni­sie­rung be­stand die Ge­fahr, dass die be­reits vor­han­de­nen Netz­werk­part­ner als „Über­bleib­sel“ ko­lo­nia­ler Struk­tu­ren in­ter­pre­tiert wer­den. Dies hätte die Eta­blie­rung der kirch­li­chen Ent­wick­lungs­hil­fe vor Ort maß­geb­lich ge­fähr­det. Dem­nach un­ter­la­gen den Netz­werk­struk­tu­ren in bei­den Fäl­len einem Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess, um den ver­än­der­ten Rah­men­be­din­gun­gen ge­recht zu wer­den und die Durch­führ­bar­keit der Pro­jekt­ar­beit zu ge­währ­leis­ten.

Per­spek­ti­ven

Im Sep­tem­ber 2010 soll die Pro­mo­ti­ons­ar­beit, die im Rah­men die­ses Pro­jek­tes ent­steht ab­ge­schlos­sen wer­den und dar­über hin­aus 2 Ver­öf­fent­li­chun­gen in his­to­ri­schen Fach­zeit­schrif­ten er­fol­gen.

(Stand Fe­bru­ar 2009)

Team

Pro­jekt­lei­te­rin

Dr. Ga­brie­le Lin­gel­bach, Trier

Wiss. Mit­ar­bei­te­rin

An­nett Heinl

Stu­den­ti­sche Hilfs­kraft

An­dre­as Gre­we­nig

Publikationen

Lin­gel­bach, Ga­brie­le/ Heinl, An­nett: Spen­den­fi­nan­zier­te pri­va­te Ent­wick­lungs­hil­fe in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, in: Tho­mas Adam / Si­mo­ne Läs­sig / Ga­brie­le Lin­gel­bach (Hg.): Stif­ter, Spen­der und Mä­ze­ne: USA und Deutsch­land im his­to­ri­schen Ver­gleich, Franz Stei­ner, Stutt­gart [er­scheint vor­aus­sicht­lich 2009]

Veranstaltungen

Dok­tor­an­den­fo­rum (47. His­to­ri­ker­tag 2008)

Auf dem Dok­tor­an­den­fo­rum des 47. His­to­ri­ker­tags in Dres­den 2008 er­hielt das Pro­mo­ti­ons­pro­jekt von An­nett Heinl mit dem Titel:“Hilfe für den fer­nen Nächs­ten. Der Wan­del kirch­li­cher Ent­wick­lungs­hil­fe im Span­nungs­feld von Markt und Staat am Bei­spiel von Brot für die Welt und Mi­se­reor.“ den 3. Preis.

http://​www.​vhd.​gwdg.​de/​preise.​html

Das Dok­tor­an­den­fo­rum wird vom Ver­band der His­to­ri­ker und His­to­ri­ke­rin­nen Deutsch­lands (VHD) aus­ge­rich­tet. Aus­schlag­ge­bend für die Aus­wahl der Preis­ver­lei­hung sind die Qua­li­tät des Dis­ser­ta­ti­ons­pro­jek­tes sowie die in­halt­li­che und op­ti­sche Ge­stal­tung des Pos­ters.

Kategorie Allgemein