Der Forschungscluster der Universitäten Trier und Mainz „Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke“ wurde als Verbundprojekt aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz finanziert.
In 13 Teilprojekten beschäftigten sich Wissenschaftler/-innen interdisziplinär mit dem Phänomen sozialer Netzwerke im Kontext gesellschaftlicher Abhängigkeiten. Sie stammten aus den Geschichts-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, aus der Soziologie, Ethnologie, Medizin sowie der Kriminologie, Pädagogik, Psychologie und Informatik.
Arbeitsgruppen und Teilprojekte
Ü. Übergreifende Projekte
Teilprojektleiter: Prof. Dr. Michael Schönhuth
Ein übergreifender Teilbereich vermittelt durch seine Projekte Vennmaker, Summer School, Netzwerk AG und Interdisziplinäre Vorlesungsreihe Soziale Netzwerkanalyse die Inhalte der Forschung an die Öffentlichkeit.
Großes Ansehen und Interesse genießt nach ihrem erfolgreichen Start im Jahr 2007 die Trierer Summer School on Social Network Analysis. Nationale und internationale Forscher sowie Dozenten und Mitarbeiter des Forschungsclusters bieten Einführungsmodule und Workshops an, welche von Interessierten der Sozial-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften aus vielen europäischen Universitäten besucht werden. Aus der Summer School heraus entwickelte sich die Netzwerk-AG. Ergänzt wird das Trierer Angebot durch eine jährlich stattfindende Interdisziplinäre Vortragsreihe in welcher die Soziale Netzwerkanalyse auf die Bereiche Migration, Wirtschaft, Medien und Kultur Anwendung erfährt.
Verstärkt wird die Außenwirkung des Clusters vor allem durch den Erfolg des im Clusters entwickelten Software-Tools VennMaker. Mit ihm können soziale Netzwerke erhoben, dargestellt und analysiert werden. Der VennMaker verbindet dabei erstmals eine einfache, effiziente und wissenschaftlich fundierte Verarbeitung sozialer Netzwerke. Mittlerweile wird der VennMaker mit großem Erfolg in internationalen Instituten, aber auch in der Beratung und in der Wirtschaft eingesetzt.
I. Gläubiger und Schuldner: Kreditbeziehungen und Netzwerkbildung im Zeichen monetärer Abhängigkeiten
Teilprojektleiter: Prof. Dr. Curt W. Hergenröder
Schulden und finanzielle Notsituationen prägen den Alltag von mehr als 3,3 Millionen Haushalten in Deutschland – 10,11% der Bürger leben unterhalb der Armutsgrenze. Armut und Mangel schaffen Probleme mit Banken und Gläubigern und wirken sich damit in physischer und psychischer Weise auf das Leben des Schuldners und die Beziehungen zu seiner Umwelt aus. Hier stellt sich nun die Frage, wie dieser Problematik präventiv entgegengewirkt werden kann. Nicht zuletzt können soziale Netzwerke dabei einen entscheidenden Beitrag leisten.
Im Rahmen des Forschungsclusters haben sich im Teilbereich I Forscher/-innen der Universitäten Mainz und Trier die Aufgabe gestellt, die verschiedenen Facetten der Schuldenproblematik in interdisziplinärer Zusammenarbeit zu hinterfragen. Besonderes Gewicht kommt dabei der Netzwerkanalyse zu. Dabei werden durch eine starke Kooperation historische, juristische, medizinische, erziehungswissenschaftliche und wirtschaftspädagogische Studien miteinander vereint. Gerade der Rückblick auf frühere Epochen und Gesellschaften zeigt, welche Strategien bereits zur Armuts- und Schuldenbekämpfung entwickelt wurden. Die untersuchten Epochen reichen von der Antike, über das Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit hinein.
Ziel dieses Teilbereichs ist die unterschiedlichen zeitlichen und methodischen Ansätze der einzelnen Projekte zusammenzufassen und in einen Gesamtzusammenhang zu bringen. Bereits an historischen Beispielen können erfolgreiche und erfolgslose Strategien zur Schuldenbekämpfung abgelesen und die Untersuchungen im Hinblick auf die aktuelle Situation der Finanzkrise als historische Wegweiser angesehen werden.
II. Religiöse Differenz und interkonfessionelle Kooperation
Teilprojektleiter: Prof. Dr. Lukas Clemens
Der Teilbereich II des Forschungsclusters analysiert Formen gesellschaftlicher Abhängigkeiten, die aus kulturell-religiöser Verschiedenheit resultieren und untersucht ferner die auf derartige Problemlagen reagierenden Netzwerke. Somit geraten soziale Beziehungsgeflechte in den Blick, die aus einem Neben- bzw. Miteinander sowohl von polytheistischen als auch monotheistischen Religionen sowie den unterschiedlichen christlichen Glaubensrichtungen erwachsen. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von Netzwerken der christlich-heidnischen Oberschicht in Spätantike und Frühmittelalter bis hin zu muslimischen Frauennetzwerken der Gegenwart.
Allen Teilprojekten liegen vergleichbare Ausgangssituationen zugrunde. So gehen sämtliche Arbeiten von gesellschaftlichen Umbrüchen sowie daraus entstandenen oder veränderten Konfliktsituationen aus. In allen Untersuchungsfeldern bilden sich als Reaktion auf die jeweilige Umbruchs- bzw. Krisensituation Netzwerke heraus, mit deren Hilfe die veränderte Lebenssituation bewältigt oder überwunden werden soll. Die Auswahl der Arbeitsfelder erlaubt es letztendlich auch, eine Typologie verschiedener, durch religiös-kulturelle Verschiedenheit begründete Netzwerkbeziehungen zu entwickeln und zu erproben, die sich über die engeren Untersuchungsbereiche hinaus als tragfähig erweist.
III. Netzwerkbildungen im Kontext globaler ökonomischer Abhängigkeiten und gesteigerter Mobilität von Kapital und Arbeit
Teilprojektleiter: Prof. Dr. Michael Schönhuth
Strukturumbrüche in Geschichte und Gegenwart in Europa haben Auswirkungen auf die Ressourcen, mit denen Menschen und Gruppen ausgestattet sind. Der Teilbereich III des Forschungsclusters setzt sich zum Ziel, informellen wie formellen Reaktionen von Akteuren in einem Netzwerk und den mit ihnen verbundenen ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Kapitalformen in Krisenzeiten nachzugehen.
Der Teilbereich III beinhaltet sowohl historische als auch gegenwartsbezogene Analysen. Sein Fokus reicht von ideengeschichtlichen Rekonstruktionen bis zur Untersuchung konkreter persönlicher oder sozialer Netzwerke. Dabei wird die ganze Bandbreite und Dynamik von Netzwerkformationen untersucht. Insgesamt soll es so möglich werden, Netzwerkbildungen in Zeiten des Strukturumbruchs als Kontinuum zu konturieren.
Die Forscher/-innen widmen sich zwei thematischen sowie einem praxisorientierten Schwerpunkt: So geht es einerseits um den Beitrag von Netzwerken zur Integration in größere soziale Ordnungen im Gefolge von Migrationsprozessen. Im zweiten Schwerpunkt geht es um Institutionen, die regulierend auf Strukturumbrüche einzuwirken suchen und ihrerseits Träger wie Orte sozialer Netzwerkbildungen werden. Drei Teilprojekte schlagen dabei eine Brücke zur Praxis und wirken wissenschaftlich beratend in ihren Untersuchungsfeldern mit.
Z. Zentrale Geschäftsstelle
X. Ehemalige Projekte