III.08: Wirtschaftsbürgerliche Netzwerke zwischen Erstem Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise

Pro­jekt­be­schrei­bung

Das For­schungs­pro­jekt un­ter­sucht die Ein­bet­tung des Vor­stands­vor­sit­zen­den und Ge­ne­ral­di­rek­tors der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te Paul Reusch (1868-1956) in so­zia­le Netz­wer­ke im Zeit­raum 1905 bis 1947 und er­fasst sys­te­ma­tisch die so­zia­len Be­zie­hun­gen zu an­de­ren Ak­teu­ren, um mit Hilfe der Netz­werkana­ly­se und im Ho­ri­zont des „Cor­po­ra­te Go­ver­nan­ce“-An­sat­zes den Hand­lungs­spiel­raum des fo­ka­len Ak­teurs aus­leuch­ten und hier­durch seine un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen be­wer­ten zu kön­nen. Im Zen­trum der Ana­ly­se ste­hen die stra­te­gi­schen Un­ter­neh­mens­ent­schei­de Reuschs beim Aus­bau der GHH zum Kon­zern sowie die wei­te­re Füh­rung der Ak­ti­en­ge­sell­schaft bis zu sei­nem Aus­schei­den. Ein we­sent­li­ches Er­kennt­nis­in­ter­es­se liegt des­halb in der Ana­ly­se der ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Res­sour­cen, die in­ner­halb die­ses wirt­schafts­bür­ger­li­chen Netz­wer­kes wirk­sam wur­den.

Ar­beits­stand

Das Pro­jekt wurde zu­nächst kon­zep­tio­nell auf Paul Reusch und seine so­zia­len Netz­wer­ke ein­ge­grenzt, wäh­rend der Un­ter­su­chungs­zeit­raum, der ur­sprüng­lich mit der Welt­wirt­schafts­kri­se enden soll­te, deut­lich aus­ge­dehnt wurde. Wei­ter­hin wur­den die wich­tigs­ten Quel­len­be­stän­de ge­sich­tet; es han­delt sich dabei vor allem um den Nach­lass von Paul Reusch und Un­ter­la­gen zur GHH im Rhei­nisch-West­fä­li­schen Wirt­schafts­ar­chiv (RWWA) in Köln.

Der in un­ter­schied­li­chen Stich­jah­ren quan­ti­fi­zier­te und ka­te­go­ri­sier­te Schrift­wech­sel Paul Reuschs mit ver­schie­de­nen Ab­tei­lun­gen, Toch­ter­ge­sell­schaf­ten und Di­rek­to­ren auf der einen Seite sowie den Ak­tio­nä­ren und Auf­sichts­rats­mit­glie­dern auf der an­de­ren Seite wurde nach sei­ner Er­fas­sung unter netz­werkana­ly­ti­schen Ge­sichts­punk­ten ana­ly­siert und mit der for­ma­len Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te kon­tras­tiert. Die Ge­gen­über­stel­lung der fes­ten Un­ter­neh­mens­struk­tur mit den re­kon­stru­ier­ba­ren In­for­ma­ti­ons­flüs­sen aus dem Schrift­wech­sel hat die be­son­de­re Stel­lung un­ter­schied­li­cher Per­so­nen im fir­men­in­ter­nen Be­zie­hungs­ge­flecht der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te her­vor­ge­bracht. Diese quan­ti­ta­ti­ven netz­werkana­ly­ti­schen Er­geb­nis­se wur­den an­schlie­ßend mit den qua­li­ta­ti­ven Er­geb­nis­sen aus dem Ak­ten­stu­di­um ver­gli­chen und zu­sam­men in den Kon­text der bis­he­ri­gen For­schung im Be­reich der Un­ter­neh­mens- und Wirt­schafts­ge­schich­te ge­stellt. Die Un­ter­su­chung über meh­re­re Jahre er­laub­te fer­ner, Be­ob­ach­tun­gen über die Ent­wick­lung des Netz­wer­kes um Paul Reusch zu ma­chen und somit zu Er­kennt­nis­sen über die Dy­na­mik und Evo­lu­ti­on von so­zia­len Netz­wer­ken zu kom­men.

Es wurde eine Da­ten­bank zum Per­so­nen­netz­werk um Paul Reusch über die Vor­stän­de und Auf­sichts­rä­te deut­scher Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten er­stellt. Dar­über hin­aus wurde an meh­re­ren Ta­gun­gen, einem Work­shop zur Netz­werkana­ly­se und an der Sum­mer­school zur Netz­werkana­ly­se im Rah­men des Ex­zel­lenz­clus­ters teil­ge­nom­men. Fer­ner wur­den meh­re­re Teil­as­pek­te und die Me­tho­de des Pro­jek­tes im Rah­men der „Ak­tu­el­len For­schun­gen zur Zeit­ge­schich­te“ sowie in ver­schie­de­nen Kol­lo­qui­en in Trier, Frank­furt am Main und Düs­sel­dorf zur Dis­kus­si­on ge­stellt.

Per­spek­ti­ven

Der­zeit wird das Ma­nu­skript der im Au­gust 2010 an der Uni­ver­si­tät Trier im Fach­be­reich III ein­ge­reich­ten Dis­ser­ta­ti­on für die Ver­öf­fent­li­chung über­ar­bei­tet.

(Stand März 2011)

Team

Pro­jekt­lei­tung

Dr. habil. Mor­ten Reit­may­er

Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter

Chris­ti­an Marx, M.A.

Stu­den­ti­sche Hilfs­kraft

Da­ni­el Brata­no­vic

Publikationen

  • Marx, Chris­ti­an: Netz­werk­han­deln: Paul Reusch und die Cor­po­ra­te Go­ver­nan­ce der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te (1905-1947). Ein Pro­jekt­ent­wurf, in: Ak­ku­mu­la­ti­on. In­for­ma­tio­nen des Ar­beits­krei­ses für kri­ti­sche Un­ter­neh­mens- und In­dustrie­ge­schich­te 23, 2006, S. 17-23.
  • Marx, Chris­ti­an: Die Mi­schung macht’s. Zur Be­deu­tung von kul­tu­rel­lem, öko­no­mi­schem und so­zia­lem Ka­pi­tal bei Paul Reusch wäh­rend des Kon­zern­auf­baus der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te (1918-1924), in: Gam­per, Mar­kus / Reschke, Linda (Hg.): Kno­ten und Kan­ten. So­zia­le Netz­werk­for­schung in Wirt­schafts- und Mi­gra­ti­ons­for­schung. Bie­le­feld 2010 (Reihe So­zi­al­theo­rie), S. 159-193.
  • Reit­may­er, Mor­ten / Marx, Chris­ti­an: Netz­werk­an­sät­ze in der Ge­schichts­wis­sen­schaft, in: Steg­bau­er, Chris­ti­an / Häuß­ling, Roger (Hg.): Hand­buch Netz­werk­for­schung. Wies­ba­den 2010 (Netz­werk­for­schung; 4), S. 869-880.
  • Marx, Chris­ti­an: Netz­werk­han­deln und Un­ter­neh­mens­füh­rung bei Paul Reusch. As­pek­te der Cor­po­ra­te Go­ver­nan­ce im Kon­zern­auf­bau der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te (1918-1924), in: Hil­ger, Su­san­ne / Land­wehr, Achim (Hg.): Wirt­schaft – Kul­tur – Ge­schich­te. Po­si­tio­nen und Per­spek­ti­ven. Stutt­gart 2011, S. 65-90.
Kategorie Allgemein