I.04: Verwandtschafts- und Klientelbeziehungen im ländlichen Schuldenwesen in Württemberg im 18. und 19. Jahrhundert

For­schungs­ge­gen­stand und Fra­ge­stel­lung

Das Pro­jekt I.4 un­ter­sucht ex­em­pla­risch einen pri­va­ten, länd­li­chen und vor­mo­der­nen (hy­po­the­ka­ri­schen) Kre­dit­markt am Bei­spiel des Dor­fes Oh­men­hau­sen in Würt­tem­berg des 19. Jahr­hun­derts. Der Schwer­punkt der Un­ter­su­chung liegt hier­bei auf einem His­to­ri­schen Ver­gleich der Struk­tur und Funk­ti­ons­wei­se des Kre­dit­mark­tes vor und nach der Re­form der Pfand­ge­setz­ge­setz­ge­bung von 1825/28. Hier­zu wer­den die bei­den Stich­jah­re 1825 und 1850 mit­ein­an­der ver­gli­chen. Es herrsch­te im länd­li­chen Würt­tem­berg des frü­hen 19. Jahr­hun­derts zwar kein all­ge­mei­ner Ka­pi­tal­man­gel, es fehl­te aber der in­sti­tu­tio­nel­le Trans­for­ma­ti­ons­ap­pa­rat um das zu­meist städ­ti­schen An­ge­bot und die länd­li­che Nach­fra­ge nach Ka­pi­tal zur De­ckung zu brin­gen. Des­halb soll am Bei­spiel der Ver­wandt­schafts­be­zie­hun­gen un­ter­sucht wer­den, in wie weit So­zia­le Netz­wer­ke mit ihrer In­for­ma­ti­ons- und Kon­troll­funk­tio­nen eine Be­deu­tung auf dem Kre­dit­markt ge­spielt haben. Zur Un­ter­su­chung der Kre­dit­ver­ga­ben wird im An­schluss an die Neue In­sti­tu­tio­ne­n­öko­no­mik ein Markt als bi­mo­da­les So­zia­les Netz­werk von Gläu­bi­gern und Schuld­ner auf­ge­fasst. Zur Un­ter­su­chung der so­zia­len Be­zie­hun­gen wird auf das Kon­zept der So­zia­len Ein­bet­tung aus der Neuen Wirt­schafts­so­zio­lo­gie zu­rück­ge­grif­fen. Als So­zia­le Ein­bet­tung wird die Ver­floch­ten­heit markt­för­mi­ger Trans­ak­tio­nen mit an­de­ren so­zia­len Be­zie­hun­gen ver­stan­den.

Ar­beits­stand und bis­he­ri­ge Er­geb­nis­se

Die Er­fas­sung des um­fang­rei­chen Da­ten­be­stan­des (Hy­po­the­ken­bü­cher, Pfand­mel­dun­gen, Ver­mö­gens­in­ven­ta­re, Steu­er­lis­ten und Kir­chen­bü­cher) ist ab­ge­schlos­sen. Zur Zeit be­schäf­tigt sich das Pro­jekt mit der Be­rei­ni­gung und Ver­knüp­fung die­ser Daten und der Er­stel­lung von zur Ana­ly­se So­zia­ler Netz­wer­ke ge­eig­ne­ten Ma­tri­zen, sowie ers­ten Da­ten­ana­ly­sen. Die­ser Ar­beitschritt wurde Ende 2010 ab­ge­schlos­sen. Als ers­tes Er­geb­nis lässt sich fest­stel­len, dass der Kre­dit­markt in Oh­men­hau­sen im Un­ter­su­chungs­zeit­raum lokal und re­gio­nal ori­en­tiert war. Gläu­bi­ger kamen oft aus den nahen Städ­ten und im ge­rin­ge­ren Maße aus nahen Dör­fern. In­sti­tu­tio­nel­le Gläu­bi­ger waren zum Bei­spiel Hos­pi­tä­ler, Pfleg­schaf­ten, Stif­tun­gen und Zunft­kas­sen der Städ­te Reut­lin­gen und Tü­bin­gen. Als pri­va­ter Gläu­bi­ger spiel­te die Geist­lich­keit eine zen­tra­le Rolle. Wei­te­re Gläu­bi­ger waren Kauf­leu­te, Aka­de­mi­ker und Stadt­schrei­ber. Kre­di­te an Ver­wand­te stan­den ge­ra­de bei hö­he­ren Sum­men im Zu­sam­men­hang mit der Re­ge­lung der Erb­fol­ge. In die­sem Fall er­folg­te die Kre­dit­ver­ga­be auch in­ner­halb des Dor­fes. Sonst wur­den grö­ße­re Kre­dit­sum­men eher au­ßer­halb des Dor­fes und der Fa­mi­lie ge­währt. Die in­ner­halb des Pro­jek­tes ent­ste­hen­de Dis­ser­ta­ti­on wird An­fang 2012 ab­ge­schlos­sen wer­den.

Team

Pro­jekt­lei­ter

Prof. Dr. An­dre­as Ge­strich 

Mit­ar­bei­ter

Mar­tin Stark, M.A.

Hilfs­kraft

Matt­hi­as Bix­ler

Publikationen

In Auswahl:

Her­aus­ge­ber:

  • Stark, Mar­tin / Gam­per, Mar­kus / Kro­nen­wett, Micha­el / Schön­hu­th, Micha­el (Hg.): Vom Pa­pier zum Lap­top – Per­spek­ti­ven elek­tro­ni­scher Tools zur par­ti­zi­pa­ti­ven Vi­sua­li­sie­rung und Ana­ly­se so­zia­ler Netz­wer­ke (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin / Ge­strich, An­dre­as (Hg.): Net­works of Pau­pers and Debtors: Qua­li­ta­ti­ve and Quan­ti­ta­ti­ve Ap­proa­ches to Forms of Mo­ne­ta­ry De­pen­dence in the Mo­dern Pe­ri­od (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin / Dü­ring, Mar­ten / Eu­mann, Ul­rich / Key­ser­lingk, Linda (Hg.): Hand­buch His­to­ri­sche Netz­werk­for­schung (in Pla­nung).

Auf­sät­ze:

  • Stark, Mar­tin: Net­works of Credi­tors and Debtors: a rural credit mar­ket in the 19th Cen­tu­ry, in: Stark, Mar­tin / Ge­strich, An­dre­as (Hg.): Net­works of Pau­pers and Debtors: Qua­li­ta­ti­ve and Quan­ti­ta­ti­ve Ap­proa­ches to Forms of Mo­ne­ta­ry De­pen­dence in the Mo­dern Pe­ri­od (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin: Das so­zi­al­wis­sen­schaft­li­che Netz­werk­pa­ra­dig­ma, in: Stark, Mar­tin / Dü­ring, Mar­ten / Eu­mann, Ul­rich / Key­ser­lingk, Linda (Hg.): Hand­buch His­to­ri­sche Netz­werk­for­schung (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin: For­ma­le Ana­ly­se und In­ter­pre­ta­ti­on von his­to­ri­schen Netz­wer­ken, in: Stark, Mar­tin / Dü­ring, Mar­ten / Eu­mann, Ul­rich / Key­ser­lingk, Linda (Hg.): Hand­buch His­to­ri­sche Netz­werk­for­schung (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin / Reup­ke, Da­ni­el: Vom Gläu­bi­ger zum Schuld­ner. Netz­wer­ke der Kre­dit­ver­ga­be im 19. Jahr­hun­dert in geo­gra­fi­schen Per­spek­ti­ven, in: Gam­per, Mar­kus / Reschke, Linda (Hg.): Kno­ten und Kan­ten – Folge III: So­zia­le Netz­werkana­ly­se in Ge­schich­te und Po­li­tik (in Pla­nung).
  • Stark, Mar­tin / Bix­ler, Matt­hi­as / Dü­ring, Mar­ten / Kro­nen­wett, Micha­el: Venn­Ma­ker for His­to­ri­ans. Sour­ces, So­ci­al Net­works and Soft­ware, in: Redes. Re­vis­ta Hi­spa­na para el Ana­li­sis de Redes so­cia­les, Vo­lu­men 21, 2012.
  • Stark, Mar­tin / Dü­ring, Mar­ten: „His­to­ri­cal Net­work Ana­ly­sis“, in: Bar­nett, Ge­or­ge / Gol­son, J. Ge­off­rey (Hg.): En­cy­clo­pe­dia of So­ci­al Net­wor­king, Lon­don 2011, S. 593-595.
  • Stark, Mar­tin: Netz­wer­ke in den Ge­schichts­wis­sen­schaf­ten, in: Her­gen­rö­der, Curt Wolf­gang (Hg.): Gläu­bi­ger, Schuld­ner, Arme. Netz­wer­ke und die Rolle des Ver­trau­ens, Wies­ba­den 2010, S. 187-190.
  • Stark, Mar­tin / Ge­strich, An­dre­as: Über­schul­dung im länd­li­chen Kre­dit­we­sen im 18. und 19. Jahr­hun­dert, in: Zeit­schrift für Ver­brau­cher- und Pri­vat­in­sol­venz, Son­der­heft 15. Mai 2009, S. 23-26.
Kategorie Allgemein