II.01: Heidnischer Tempel und christliche Kirche: Untersuchungen zu religiösen Netzwerken in Spätantike und Frühmittelalter

Ein ver­netz­tes rö­mi­sches Reich

Die Ver­tre­ter der spät­an­ti­ken Ober­schicht – Chris­ten wie Hei­den – be­sa­ßen im 4. und 5. Jahr­hun­dert weit­ver­zweig­te Kon­tak­te, die vom hie­si­gen Trier über das ganze rö­mi­sche Reich bis in den nahen Osten reich­ten. Ins­be­son­de­re der christ­li­che Kle­rus pfleg­te un­ter­ein­an­der in­ten­si­ve Be­zie­hun­gen, die sich an­schau­lich in dem er­hal­te­nen Brief­ver­kehr fas­sen las­sen. Die meis­ten Brie­fe be­inhal­ten wis­sen­schaft­lich-theo­lo­gi­sche, aber auch per­sön­li­che Pro­ble­me und stel­len somit wich­ti­ge re­li­gi­ons- und so­zi­al­ge­schicht­li­che Quel­len dar.
Man kann je­doch bei die­sen Kon­tak­ten kei­nes­falls von rein christ­li­chen Netz­wer­ken spre­chen, da sich kaum ein nam­haf­ter Kir­chen­ver­tre­ter fin­det, der nicht Ver­bin­dun­gen zu Nicht­chris­ten be­sä­ße. Häu­fig gab es in­ner­halb der füh­ren­den Schich­ten eine ge­wis­se So­li­da­ri­tät: Man lebte und ar­bei­te­te mit­ein­an­der, man un­ter­stütz­te sich ge­gen­sei­tig und dis­ku­tier­te sach­lich über die re­li­giö­sen Un­ter­schie­de.

Kon­fron­ta­ti­on in­ner­halb der christ­li­chen Kir­che

Teil­wei­se an­ders konn­te sich das Ver­hält­nis bei den Ver­tre­tern der christ­li­chen Kir­che ent­wi­ckeln, das durch den regen Brief­ver­kehr, den Wid­mun­gen von Bü­chern, ge­gen­sei­ti­gen Be­su­chen und Ge­fäl­lig­kei­ten nach­ge­zeich­net wer­den kann. Deut­lich wird sicht­bar, dass bei un­ter­schied­li­chen theo­lo­gi­schen Mei­nun­gen nicht nur der Kon­takt ab­ge­bro­chen und Freund­schaf­ten ge­kün­digt wur­den, son­dern die Be­zie­hung in of­fe­ne Feind­schaft um­schla­gen konn­te.

Un­se­re Fra­ge­stel­lun­gen, Me­tho­den und Ziele

Wel­che be­kann­ten Per­sön­lich­kei­ten hat­ten un­ter­ein­an­der Kon­takt? Wie sahen die Be­zie­hun­gen aus? Wel­che theo­lo­gi­schen Fra­gen be­herrsch­ten die Dis­kus­sio­nen? Wie wirk­ten sich Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten aus? Wie sahen die re­li­giö­sen Netz­wer­ke nach den Struk­turum­brü­chen des 5. Jahr­hun­derts aus?
Mit Hilfe der so­zia­len Netz­werkana­ly­se las­sen sich diese Fra­gen sys­te­ma­tisch be­ant­wor­ten. Die Viel­zahl an Per­so­nen und Be­zie­hun­gen, wel­che in li­te­ra­ri­schen und in­schrift­li­chen Quel­len über­lie­fert wer­den, kön­nen über­sicht­lich dar­ge­stellt und ana­ly­siert wer­den. Im Zen­trum des In­ter­es­ses ste­hen die gro­ßen Namen der Spät­an­ti­ke, wie Auso­ni­us, Sym­ma­chus, Pau­li­nus von Nola, Hie­rony­mus, Au­gus­ti­nus oder Am­bro­si­us, sowie die Rolle ihrer Be­kann­ten. Mit neuen Me­tho­den sind wir be­strebt, die Kennt­nis­se zur spät­an­ti­ken und früh­mit­tel­al­ter­li­chen Re­li­gi­ons- und So­zi­al­ge­schich­te zu er­wei­tern.

Team

Pro­jekt­lei­ter

Prof. Dr. Lukas Cle­mens
Prof. Dr. Eli­sa­beth Herr­mann-Ot­to

Mit­ar­bei­ter

Dr. Mar­cel­lo Ghet­ta

Wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kraft

Mar­kus Sie­dow, M.A.

Publikationen

  • Mar­cel­lo Ghet­ta: Das Wei­ter­le­ben der alten Kulte in Trier und Um­ge­bung, in: Alex­an­der De­man­dt und Josef En­ge­mann (Hgg.): Kon­stan­tin der Große. Trier, 2007, 220-227.
  • Ders.: Spät­an­ti­kes Hei­den­tum. Trier und das Tre­ver­er­land. Trier, 2008.
Kategorie Allgemein