Teilprojekt B 2: Christliche Gemeinschaften in ihrer Funktion für Armut, Fürsorge und Seelsorge im hohen und späten Mittelalter

Projektleitung:

Prof. em. Dr. Alfred Haverkamp

Projektlaufzeit: 2002-2008
Fachgebiet: Mittelalterliche Geschichte

Projektbeschreibung

Das Teilprojekt gingdavon aus, dass Armut, Fürsorge und Seelsorge im hohen und späten Mittelalter als offene und äußerst komplexe Begriffe verstanden werden müssen, deren jeweilige Reichweite auf induktiven Wegen zu präzisieren ist. Die Auffassungen über Armut, Arme und Armenfürsorge beriefen sich immer wieder auf die Urkirche, für die die im Judentum verankerte Nächstenliebe grundlegend war. Biblisch verpflichtete die erfahrene Gottesbarmherzigkeit somit die Menschen zu mildtätigen Werken. Spätestens seit der Spätantike war die Fürsorge untrennbar mit der Seelsorge verknüpft. In diesem Zusammenhang kommt neben den unterschiedlichsten Herrschaftsträgern im hohen und späten Mittelalter insbesondere den diversen Gemeinschaften herausragende Bedeutung zu. Hier sind vor allem die vielschichtigen gemeinschaftsstiftenden, legitimierend-ordnenden, kultisch-religiösen und karitativen Leistungen bruderschaftlicher Organisationen von zentralem Erkenntnisinteresse, wobei die Wirkungsfelder von familia und Haushalt, Nachbarschaft und Gemeinde hinsichtlich ihrer potentiellen Komplementarität strikt zu berücksichtigen sind. Die Komplexität der Bruderschaften äußert sich bereits in der Bandbreite der Quellenterminologie, wobei sich für diese Gemeinschaften eine von großen Teilen der Forschung vorgenommene idealtypische Kategorisierung von ‚Genossenschaft‘ versus ‚Herrschaft‘ als inadäquat erweist. Ähnliches gilt für die vorherrschende Tendenz zu Differenzierungen vor allem in ‚geistlich‘ und ‚laikal‘ und der hieraus resultierenden Typenbildung. Anknüpfungspunkte bieten sich hierbei gleichfalls für andere Gemeinschaften, insbesondere Beginen- und Begardengemeinschaften als sog. Semireligiosentum, die sich in unterschiedlichsten Ausprägungen um geistliche Institutionen (vor allem monastische Komplexe), gruppierten. Diese nichtregulierten religiösen Gemeinschaften sind dabei nicht als Randphänomen des Ordenswesens anzusehen, sondern vielmehr als eigenständige Erscheinungsform. Bestimmend ist die Grundproblematik des Stellenwerts von Inklusion und Exklusion für die Existenz und Handlungsmöglichkeiten solcher Gemeinschaften, in denen die prinzipielle Gleichheit vor Gott konkret im Rahmen des Ideals der ?Brüderlichkeit? einen programmatischen Ausdruck findet. Inwieweit konnten vor diesem Hintergrund im weitesten Sinne ?religiöse? Faktoren inkludierend oder auch exkludierend wirksam werden, was etwa die Verpflichtung zur Einhaltung entsprechender Normen durch die Mitglieder oder auch die Objekte der Für- und Seelsorge bruderschaftlich organisierter Gemeinschaften anbelangt? Die angesprochenen Untersuchungs- und Problemfelder ergeben sich aus folgender Ausgangsfragestellung: Welche Rolle spielten christliche Gemeinschaften, insbesondere Bruderschaften, für die vielfältig verknüpften städtischen Funktionsbereiche von Armut, Fürsorge und Seelsorge.
Den erfolgreichen Abschluss der Arbeiten des Teilprojektes B 2 bildet der jüngst erschienene Sammelband
Escher-Apsner, Monika (Hg.): Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten. Funktionen, Formen, Akteure / Medieval Confraternities in European Towns. Functions, Forms, Protagonists (Inklusion / Exklusion 12). Frankfurt a. M. 2009.

Team

Projektleiter
Prof. em. Dr. Alfred Haverkamp

Projektmitarbeiter
Dr. Monika Escher-Apsner,
PD Dr. Gerd Mentgen (vertretungsweise), 

Studentische Hilfskräfte
Felix Klug, 
David Schnur

Publikationen

Die Projektveröffentlichungen werden in der zentralen Online-Bibliographie im Rahmen der SFB-Publikationsplattform sfb600-online nachgewiesen.
Kategorie Allgemein