Teilprojekt B 3: Katholische und protestantische Armenfürsorge in der Frühen Neuzeit zwischen kirchlicher, staatlicher und kommunaler Zuständigkeit

Das interdisziplinäre Teilprojekt untersucht den Umgang mit Armut und Bettelei unter unterschiedlichen konfessionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Welchen Einfluss hatten diese Faktoren auf die Ausbildung verschiedener Fürsorgepraktiken sowie auf Lebenslaufperspektiven von Armen, wie veränderten sie die Modi von Inklusion/Exklusion? In der letzten Förderperiode soll durch die Untersuchung von Maßnahmen der Armutsprävention die Arbeit abgeschlossen und eine Projektsynthese erarbeitet werden, die die historischen und rechtshistorischen Einzelergebnisse zu den unterschiedlichen Untersuchungsräumen vergleichend zusammenführt.

Projektleitung:
Prof. Dr. Franz Dorn
Prof. Dr. Helga Schnabel-Schüle

Projektlaufzeit: 2002-2012
Fachgebiet: Rechtsgeschichte / Neuere / Neueste Geschichte

Projektbeschreibung

Die Entwicklung neuer Fürsorgekonzepte im Ancien Régime ist auf das engste verbunden mit dem frühneuzeitlichen Staatsbildungs- und Konfessionalisierungsprozess. Untersucht wird in diesem Teilprojekt, in welchem Maße die Kirche, der werdende Staat sowie kommunale Einrichtungen Einfluss auf die Bildung spezifischer Wahrnehmungs- und Deutungskonzepte in (konfessions-)verschiedenen Territorien hatten und wie sich diese auf die soziale Praxis der Armenhilfe auswirkten. In der dritten Förderperiode setzt sich das interdisziplinäre Teilprojekt zwei Schwerpunkte:
1) Der Frage, wie sich der Umgang mit Armut und Bettelei unter unterschiedlichen konfessionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen gestaltete, widmet sich eine rechtshistorische Teiluntersuchung mit Fokussierung auf den Zusammenhang von Armut und Devianz. Insbesondere wird analysiert, inwieweit das Thema Armut vor Gericht überhaupt eine Rolle spielte und ob sich die auf semantischer Ebene feststellbare Kriminalisierung von Vaganten und nichtsesshaften Bedürftigen – vor allem mit Bezug auf kriminelle Bandenbildung – in den Gerichtsakten widerspiegelt.
2) Ein weiterer Schwerpunkt des Teilprojektes liegt in der Untersuchung von Maßnahmen der Armutsprävention im 18. Jahrhundert. Der Vorsorge kommt in modernen theoretischen Überlegungen zu Inklusions- und Exklusionsprozessen innerhalb einer Gesellschaft eine zentrale Bedeutung zu, da gerade sie Aufschluss über die Dauerhaftigkeit von Exklusionen sowie der gesellschaftlichen Einstellung zu diesen Prozessen geben kann und einem dynamischen Armutskonzept Rechnung trägt. In dieser Teiluntersuchung sollen verschiedene Maßnahmen der Armutsprävention in den Territorien Kurtrier, Kurmainz und Kursachsen sowie in der englischen Grafschaft Essex vergleichend analysiert werden. Ideen und Ansätze der Volksaufklärung werden ebenso in den Blick genommen wie neue Entwicklungen im Bereich des Versicherungswesens und neuartiger ländlicher Leih- und Kreditanstalten. Zudem soll diesbezüglich der Frage nachgegangen werden, welche rechtlichen Formen diese Maßnahmen aufweisen und in welcher Rechtstradition diese stehen.
Darüber hinaus werden die bereits in der zweiten Förderperiode gewonnenen Ergebnisse in der historischen Teiluntersuchung in einem systematischen Vergleich zu einer Teilprojektsynthese zusammengeführt, die den Einfluss der Faktoren Recht und Religion auf die Ausbildung verschiedener Fürsorgepraktiken sowie Lebenslaufperspektiven aufzeigt.

Team

Projektleiter
Prof. Dr. Franz Dorn
Prof. Dr. Helga Schnabel-Schüle

Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Sebastian Schmidt
Christina Gerstenmayer, M.A.
Carolin Schmitz, M.A.
Dr. Rita Voltmer

Studentische Hilfskräfte
Charlotte Articus
Benjamin Koerfer
Julia Heinrich 

Publikationen

Die Projektveröffentlichungen werden in der zentralen Online-Bibliographie im Rahmen der SFB-Publikationsplattform sfb600-online nachgewiesen.
Kategorie Allgemein