Teilprojekt B 9: Fürsorgemaßnahmen und Euergetismus als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen im hellenistischen und römischen Kleinasien sowie im spätrepublikanischen und kaiserzeitlichen Italien

Das Teilprojekt untersucht die Charakteristika von privatem Euergetentum und dessen Bewertung von Armut und Bedürftigkeit in Kleinasien sowie Mittel- und Süditalien. Dabei sollen die lokalen Erscheinungsformen des Euergetismus sowie dessen Auswirkung auf Kultur und Gesellschaft von Städten und Gemeinden untersucht werden. Es wird zu prüfen sein, ob und inwiefern eine Inklusion/Exklusion der real Bedürftigen in das euergetische System stattfand. Das Teilprojekt liefert damit eine wichtige Differenzbeobachtung zum christlich geprägten Europa. 

Projektleitung:
Prof. Dr. Elisabeth Herrmann-Otto
Prof. Dr. Christoph Schäfer

Projektlaufzeit: 2009-2012
Fachgebiet: Alte Geschichte

Projektbeschreibung

Innerhalb des als Tandemprojekt angelegten Vorhabens werden die privaten Fürsorgemaßnahmen und der private Euergetismus (= Wohltäterschaft) in der nichtchristlichen Antike, speziell im kleinasiatischen und römischen Raum vom dritten vorchristlichen bis zum dritten nachchristlichen Jahrhundert, untersucht.
In beiden Untersuchungsräumen sind grundsätzlich voneinander zu unterscheidende kulturelle und gesellschaftlichen Strukturen vorzufinden, woraus sich eine Relevanz für die Zweiteilung des Projektes ergibt.
Der kleinasiatische Untersuchungsraum mit seiner monarchischen und stadtstaatlichen Struktur wird hinsichtlich verschiedener Institutionen betrachtet. Hier richtet sich das Augenmerk auf das vereinsgebundene und private Stiftungswesen sowohl im politischen als auch religiösen Bereich der dortigen Gesellschaft. Elemente dieser griechischen Kultur übten seit dem ersten Jahrhundert wachsenden Einfluss auf den italisch-römischen Raum aus, so dass sich auch hier ein zu behandelndes Forschungsfeld ergibt.
Gerade im italischen Bereich, vor allem in Mittel- und Süditlalien, werden die privat finanzierten Stiftungen Gegenstand dieses Projektes sein und es soll geprüft werden, inwiefern sich ein Wandel zur griechischen Kultur hinsichtlich der euergetischen Leistungen widerspiegelt.
Die Leitfrage unseres Projektes besteht darin, ob diese Wohltäterschaft der christlichen Armenfürsorge vorgreift und inwiefern In- und Exklusionsformen in den lokalen Gemeinschaften bzw. Städten in Hinsicht auf die Bedürftigen vorkommen. Dafür werden im Verlauf unserer Forschung Quellen in Form von lateinischen und griechischen Inschriften herangezogen, anhand deren Inhalt überprüft werden muss, ob und wenn ja in welcher Form eine Fürsorge für Bedürftige stattgefunden hat.
Ein wichtiger Aspekt für das Projekt ist die gesellschaftliche Stellung und Wahrnehmung von Armen und Bedürftigen in der nichtchristlichen Antike. Es ist stets zu betonen, dass in der Antike eine andere Vorstellung von Armenfürsorge vorherrschte als im christlich geprägten Europa. Während der Bedürftige in der nichtchristlichen Antike kaum eine gesellschaftliche Beachtung fand, und eine gezielte Armenfürsorge von Seiten der öffentlichen Hand nicht existent war, füllte das Christentum diese Lücke und ließ besonders die Ärmsten der Armen am System der Fürsorge partizipieren.
In seiner Gesamtheit stellt das Tandemprojekt mit seinem Untersuchungsfeld eine Komplementärstudie zum Teilprojekt B6 (Armenfürsorge in Zentral- und Oberitalien) sowie eine Kontrastuntersuchung zum christlich-jüdischen Europa dar und schließt insgesamt eine bestehende Forschunglücke innerhalb des SFB 600.

Team

Projektleiter
Prof. Dr. Elisabeth Herrmann-Otto
Prof. Dr. Christoph Schäfer 

Projektmitarbeiter
Mark Beck, Dipl.Inf. und M.A.
Katrin Engfer, M.A.
Jörg Erdtmann, M.A.

Studentische Hilfskräfte
Christian Quetting

Publikationen

Die Projektveröffentlichungen werden in der zentralen Online-Bibliographie im Rahmen der SFB-Publikationsplattform sfb600-online nachgewiesen.
Kategorie Allgemein